Der vorbestrafte Sexualstraftäter aus Neustadt an der Weinstraße weigerte sich, eine Fufessel zu tragen.

Juristische Fragen im Fall Edenkoben

Wie können Polizei und Justiz mit Sexualstraftätern umgehen - Fragen und Antworten

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Das Sexualverbrechen an einem Mädchen in Edenkoben hat über den Ort hinaus Bestürzung ausgelöst. Viele stellen sich die Frage: Hätte die Tat verhindert werden können?

Hätten Polizei und Justiz den einschlägig vorbestraften Tatverdächtigen strenger überwachen können? Unser Kollege Max Bauer aus der SWR-Rechtsredaktion hat die juristischen Möglichkeiten in den Blick genommen.

SWR Aktuell: Der Tatverdächtige im Fall Edenkoben war mehrfach verurteilt worden und verstieß gegen Weisungen. Wieso war es nicht möglich, ihn in Sicherungsverwahrung zu nehmen?

Max Bauer: Die sogenannte Sicherungsverwahrung bedeutet, dass jemand eingesperrt bleibt, obwohl er seine Strafe ja eigentlich abgesessen hat. Deshalb gibt es hohe rechtsstaatliche Hürden, um eine Sicherungsverwahrung anzuordnen. Der Mann war zuletzt 2008 wegen einer Sexualstraftat verurteilt worden, also vor 15 Jahren. Und bei den Verurteilungen, die danach kamen, war es so, dass die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung einfach nicht gegeben waren. Das heißt aber nicht, dass nichts gemacht wurde. Der Mann stand unter sogenannter Führungsaufsicht. Und im Rahmen dieser Führungsaufsicht wurde ihm ja auch auferlegt, eine elektronische Fußfessel zu tragen. Dagegen hat sich der Mann juristisch gewährt. Und schließlich hat er sich einfach geweigert, die elektronische Fußfessel anzulegen.

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SWR Aktuell: Wie ist das möglich? Wieso kann man jemanden nicht zwingen, eine elektronische Fußfessel anzulegen?

Da muss man ganz klar sagen: Das sehen die Gesetze einfach nicht vor, das gewaltsam zu tun. Es ist aber wiederum nicht so, dass die zuständige Staatsanwaltschaft dann gesagt hat, wir lassen alles auf sich beruhen. Nein, sie sind weiter aktiv geworden. Der Mann hatte mit seiner Weigerung, eine elektronische Fußfessel zu tragen, wiederum gegen die Weisungen der Führungsaufsicht verstoßen. Das ist selbst eine Straftat. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft wieder Anklage erhoben. Und sie haben auch einen Haftbefehl beantragt. Das war am letzten Freitag. Die Staatsanwaltschaft hat gesagt: Es besteht Fluchtgefahr. Aber über diesen Haftbefehl gab es noch keine Entscheidung, als der Mann mutmaßlich wieder zum Täter wurde.

SWR Aktuell: Wäre denn nicht auf anderem Wege eine Inhaftierung möglich gewesen?

Der Mann hatte seine Strafe abgesessen. Man könnte höchstens sagen: Die Polizei hätte tätig werden müssen, weil sie für die Abwehr zukünftiger Gefahren zuständig ist. Es gibt auch für die Polizei die Möglichkeit, dass sie jemanden in Gewahrsam nimmt. Dafür braucht es aber die Situation, dass eine Straftat unmittelbar bevorsteht. Nur dann kann die Polizei tätig werden. Man kann dann natürlich die Frage aufwerfen: Hätte die Polizei den Mann nicht rund um die Uhr überwachen müssen? Aber auch das ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich. Und man muss sagen: Staatsanwaltschaft und Polizei haben nach eigenen Angaben unangekündigt und zum Teil täglich Kontakt zu dem Mann aufgenommen und sogenannte Gefährderansprachen durchgeführt.

SWR Aktuell: Wenn Staatsanwaltschaft und Polizei so viele Maßnahmen schon genutzt haben, kann man sagen: Unsere Gesetz sind zu lasch?

Das kann man generell nicht sagen. Man muss wirklich bei solchen Fällen sehr genau schauen, was wurde gemacht und was wurde nicht gemacht. Und wie genau war die Gefährdungslage. Zum Thema Fußfessel kann man sagen: In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel kann man nach dem Polizeirecht jemanden dazu zwingen, eine elektronische Fußfessel anzulegen. Das könnte man natürlich auch in ganz Deutschland einführen. Wobei man auch sagen muss: Eine solche elektronische Fußfessel allein ist natürlich auch keine Garantie, dass jemand dann doch mit der Fußfessel der Polizei entkommt und Straftaten begeht.

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